Fachliche Stellungnahmen zum Diskussionspapier "Niedersachsen und die E-Fuels" vom Borderstep Institut
Dr.-Ing. Olaf Toedter vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Studienleiter der FVV Kraftstoffstudien III, IV und IVb1 Dr. Ulrich Kramer beleuchten zentrale Aussagen des Diskussionspapieres und ziehen Bilanz.
Erstes Fazit
Dr.-Ing. Olaf Toedter:
“Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Grundannahme einer lokalen Synthese von auf Elektrolyse-Wasserstoff basierenden E-Fuels unter Nutzung lokaler elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen in Niedersachsen nicht dem technischen Stand üblicher fachlicher Betrachtungen zu diesem Thema entspricht. Somit können alle nachfolgenden Ergebnisse unseres Erachtens nach nicht als relevante Diskussionsgrundlage für einen Transfer in Niedersachsen herangezogen werden.”
Dr. Ulrich Kramer:
“Im „DISKUSSIONSPAPIER Niedersachsen und die E-Fuels – Ergänzte Fassung“ vom Borderstep Institut wird behauptet und anhand einer stark vereinfachten Rechnung für das Bundesland Niedersachsen versucht zu belegen, dass die Bereitstellung von Individualmobilität durch E-Fuel betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor deutlich teurer sei als der großflächige Umstieg auf Elektromobilität. So wird behauptet, dass für den Umstieg Niedersachsens auf 5 Mio. Elektrofahrzeuge inklusive Infrastruktur lediglich Investitionskosten i.H.v. 34,7 Mrd. € anfallen würden, während ein Umstieg auf E-Fuels 106,3 Mrd. €, also etwas das Dreifache kosten würde. Aufgrund der unwissenschaftlichen Methodik der Studie sind diese Ergebnisse grundlegend falsch und irreführend.”
Die 6 Hauptkritikpunkte / Irrtümer im Überblick
- Unrealistische Annahme ineffizienter E-Fuel Produktion in Deutschland mit Netzstrom
- Vernachlässigung des erforderlichen zusätzlichen Stromnetzausbaus für Elektrofahrzeuge
- Vernachlässigung erforderlicher Stromspeicher für Dunkelflauten
- Vernachlässigung des Aufbaus der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
- Annahme unrealistisch niedriger Mehrkosten für Elektrofahrzeuge
- Annahme nicht vergleichbarer Fahrzeugverbräuche
Zentrale Aussagen aus den Stellungnahmen von Dr. Ulrich Kramer und Dr.-Ing. Olaf Toedter:
Dr. Ulrich Kramer:
- “Der Umstieg auf Elektromobilität kostet bei vollständiger und realistischer Kostenbetrachtung 3-mal so viel wie der Umstieg auf E-Fuels.”
- “Die verbraucherrelevanten Mobilitätskosten (Fahrzeugabschreibung plus Energiekosten) liegen für den Fahrer eines Elektrofahrzeuges knapp 20 % über den Kosten, die der Fahrer eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor und E-Fuel zu begleichen hat.”
- “Nur mit der Umstellung auf Elektromobilität werden wir es unmöglich schaffen, im Jahr 2050 Treibhausgas- (THG-) neutral Auto zu fahren.”
- Unter optimalen technologieoffenen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Nachhaltigkeitsregeln (…) könnten wir bereits vor 2040 in ganz Europa klimaneutral (d.h. THG-neutral) Auto fahren2. Ein solches Szenario erfordert zwingend den Einsatz großer Mengen von E-Fuels.”
- “Ohne signifikanten Import „grüner Moleküle“ (e-Wasserstoff, e-Fuels) ist die Energiewende unmöglich. Es muss sich also genau überlegt werden, an welcher Stelle im Energiesystem importierte Energie so eingesetzt wird, dass möglichst keine Umwandlungsverluste entstehen.”
- “Daher ist die erreichbare Ausbaugeschwindigkeit THG-neutraler Mobilitätspfade (und nicht die Wahl der Antriebstechnologie) von fundamentaler Bedeutung, um die Klimaziele zu erreichen.”
- “Mit einem idealen Technologie-Mix kann THG-neutrale europäische Mobilität bereits vor dem Jahr 2040 erreicht werden, während mit einem Szenario, welches sich ausschließlich auf die eine Technologie „batterieelektrische Fahrzeuge“ konzentriert, THG-Neutralität nicht bis 2050 erreicht werden kann, und zwar aufgrund technischer Engpässe.”
Dr.-Ing. Olaf Toedter:
- “Die Betrachtung der Verkäufe Batterie-elektrischer Fahrzeuge kann nicht auf den Wegfall einer Subvention alleine zurückgeführt und muss diffe-renzierter erfolgen. Die signifikanten Einbrüche der Neuzulassungszahlen sind EU-weit überall da zu beobachten, wo die Subventionierung von Geschäftswägen oder Privatwägen wegfallen oder die Sättigung der Verkäufe an Erstkäufer erreicht wer-den. In Ländern mit niedrigerem Einkommen.”
- “Die angegebenen Verbräuche Batterie-elektrischer Fahrzeuge sind sogenannte WLTC-Verbräuche und schließen damit klimatische Einflüsse (signifikant geringere Kapazitäten und zusätzlicher Wärmebedarf im Winter, Klima im Sommer) sowie Schnelladeverluste aus. Um eine realen Nut-zungsvergleich durchzuführen, sind alle im Systemrahmen enthaltenen Verbräuche (Nebenaggreghate, Klima, Heizung etc.) zu inkludieren.”
- “Die zitierten frühen Todesfälle durch Schadstoffemissionen entspringen einer mathematisches in der Wissenschaft nicht generll akzeptierten Betrachtung der EEA. wis-senschaftliche Publikationen von Medizinern, Toxikologen haben diese Ergebnisse widerlegt. Die Betrachtung auf epidemologischen Studien auf Basis von Daten aus der Zeit schwefelhaltiger Kraftstoffe sind nicht geeignet, derartige Aussagen abzuleiten. Seit selbst Hot Spot Messstellen wie Stuttgart Neckator die Immissions-Grenzwerte unterschritten hat, sind derartige Betrachtungen kein Thema der Entwicklung. Die hier angegebene Konsequenz der Gesundheitskosten sind damit obsolet.”
- “In den Ländern mit großen Potenzialen bspw. an Solarenergie wurden Stromkosten um 1ct/kWh berichtet11, was sich um Faktoren von den lokalen Stromkosten unterscheidet. Vielfach wird die Annahme getroffen, von den Kosten von Demonstartionsanlagen auf Großanlagen zu schließen was die Preise signifikant überhöht, wie auch nicht aktuelle Kosten von Elektrolyseuren.”
- “Die Weiterentwicklung bei Li-Batterien hat nicht so stattgefunden, wie in den Metastudien 2022 und 2023 prognostiziert. Die Forschung an Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie liegt aktuell im Fokus der Batterie-Forschung, beeinflusst aber in absehbaren Zeiträumen nicht die Kosten und den in derm Diskussionspapier betrachteten Kostenvergleich.”
Stellungnahme Dr.-Ing Olaf Toedter (Vollversion)
Stellungnahme Dr. Ulrich Kramer (Vollversion)
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