FVV-Kraftstoffstudien zu eFuels auf den Punkt gebracht

FVV-Studie: eFuels spielen eine entscheidende Rolle, um die Klimaziele zu erreichen

Ab 2050 sollen in der EU keine Netto-Treibhausgase mehr ausgestoßen werden. In einer umfangreichen Studienreihe haben Wissenschaftler im Auftrag der FVV e.V. // Science for a moving society (www.fvv-net.de) Energieträger, also alles, was Energie speicherbar und transportabel macht
(z. B. Kraftstoffe, Wasserstoff, Batterien), und Energiewandler, also Maschinen, die chemisch oder elektrisch gespeicherte Energie in Bewegung umsetzen (z. B. Verbrennungs- oder Elektromotoren), untersucht. Dabei wurden insbesondere E-Autos mit Brennstoffzellenfahrzeugen und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren und eFuels verglichen. Wichtig: Die Studienautoren haben in der Analyse den gesamten Infrastrukturbedarf und sämtliche Treibhausgas-(THG-)Emissionen von der Erzeugung über die Nutzung bis zum Recycling in einer detaillierten Lebenszyklusanalyse (LCA) berücksichtigt.

Das überraschende Ergebnis:

Alle untersuchten Lösungen bieten über diesen umfassenden Betrachtungshorizont eine vergleichbar hohe Nachhaltigkeit, wenn sie – inklusive der kompletten, nachhaltigen Energieversorgungskette – gleich schnell eingeführt werden. Nicht die Wahl klimaneutraler Antriebstechnologien an sich, sondern die Geschwindigkeit ihrer Einführung ist absolut entscheidend für die Zielerreichung eines THG-neutralen, klimafreundlichen und ressourcenschonenden Straßenverkehrs in der EU. In der FVV-Studie wurde erstmals untersucht, wie sich nachhaltige Technologien unter günstigsten gesetzlichen Rahmenbedingungen schnellstmöglich einführen lassen. Am schnellsten lässt sich THG-neutrale Mobilität durch einen cleveren Mix verschiedener Technologiepfade erreichen. Damit ist sogar das ambitionierte deutsche Ziel umsetzbar, schon 2045 klimaneutral zu sein. Unter idealen regulatorischen Rahmenbedingungen (beschleunigte Genehmigungsverfahren, langfristig tragbare und attraktive Geschäftsmodelle) könnte das sogar bereits vor 2040 gelingen.

Flottenkompatible eFuels spielen in einem bestmöglichen Technologiemix zur Erreichung der Klimaziele eine entscheidende Rolle, da sie die einmalige Option bieten, die Bestandsfahrzeuge THG-neutral zu betreiben. Der Aufbau einer umfangreichen eFuel-Produktion in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren ist somit von entscheidender Bedeutung zur Erreichung der Klimaziele. Dabei ist das Fahren mit eFuels langfristig und steuerbereinigt unter dem Strich billiger als ein Elektroauto zu fahren.

Was ist eigentlich eine Lebenszyklusanalyse?

Viele Studien zum Thema Effizienz und Nachhaltigkeit von Fahrzeugen betrachten bei Vergleichen zwischen Elektromobilität und flüssigen beziehungsweise gasförmigen Kraftstoffen nur die Nutzung des Fahrzeugs (Tank-to-Wheel, Tank zum Rad). Wenn auch die Energieerzeugung berücksichtigt wird (Well-to-Wheel, Quelle zum Rad), werden häufig die Potenziale nachhaltiger Kraftstoffe nicht mit einbezogen. Beispielsweise wird die Nutzung batterieelektrischer Fahrzeuge mit verschiedenen Stommixen berechnet und dann mit Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren verglichen, die ausschließlich mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Dabei wird die klimafreundliche Nutzung von eFuels mit dem Argument ausgeblendet, dass es eFuels ja gar nicht gäbe. Wie schnell man komplette Energiesysteme – sowohl treibhausgas-(THG-)neutrale Elektromobilität als auch die Herstellung THG-neutraler eFuels – aufbauen könnte, wird praktisch in keiner Studie berücksichtigt. Diese Analysen fokussieren sich nur auf ein bestimmtes Stadium des Lebenszyklus oder auf bestimmte Technologien und erfassen somit die Realität der THG-Wirkketten folglich unzureichend. Insbesondere fehlen Hochlaufszenarien mit realistischen Einführungsgeschwindigkeiten einzelner Technologien zur THG-Reduzierung.

Um unterschiedliche Antriebsformen seriös miteinander vergleichen zu können, muss jedoch eine vollständige System-Lebenszyklusanalyse (System Life-Cycle-Assessment, LCA,) angewandt werden, die ausnahmslos alle THG-Emissionen berücksichtigt, die im gesamten Lebenszyklus eines Produkts entstehen (Fahrzeugbau und -verschrottung, Aufbau und Betrieb der gesamten Energieinfrastruktur, d.h. Windräder, Solarkollektoren, Stromleitungen, Tankstellen). Zudem müssen zwingend die erreichbaren Aufbaugeschwindigkeiten kompletter THG-neutraler Technologiepfade berücksichtigt werden.

Aus diesem Grund haben die Autoren der FVV-Kraftstoffstudien IV und IVb eine detaillierte Lebenszyklusanalyse erstellt. 
Quelle: FVV: Wie schnell geht nachhaltig

Die wichtigsten Ergebnisse der FVV-Kraftstoffstudien im Überblick:

  • Ein Mix aus Treibhausgas-(THG-)neutralen Energieträgern und entsprechenden Fahrzeugantrieben kann den Übergang zur THG-Neutralität des Straßenverkehrssektors in Europa erheblich beschleunigen. Wenn die Politik heute (2023) die richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft, könnten wir mit einem idealen Technologiemix bereits bis zum Jahr 2040 THG-neutral Auto fahren!
  • Entscheidend für die Minimierung der THG-Emissionen ist der schnellstmögliche Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Das geht nur, wenn Europa in großem Maße nachhaltige eFuels einführt, die es ermöglichen, die Bestandsflotte klimaneutral zu betreiben. Trotz der langen Vorlaufzeiten und Planungshorizonte für die Errichtung der notwendigen Syntheseanlagen können eFuels die THG-Reduktion deutlich beschleunigen. Wenn die Politik heute die richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft, würden wir bereits 2030 etwa 17 Prozent der gesamten europäischen Fahrzeugflotte mit eFuels betreiben können, bis 2035 wären es bis zu 77 Prozent.
  • Viele Einzeltechnologie-Szenarien können bis 2050 gar keine THG-Neutralität erreichen. Zum Beispiel ist rein mit batterieelektrischen Fahrzeugen allein bis 2050 nur eine Defossilisierungsrate von maximal 76 Prozent möglich. Das heißt: Nur 76 Prozent der Fahrzeuge können mit Grünstrom betrieben werden, der Rest ist immer noch mit fossilen Energien unterwegs und stößt entsprechend viel THG (CO2) aus.
  • Mit einem reinen Elektrofahrzeug-Szenario werden bis 2050 kumuliert 39 Prozent mehr THG ausgestoßen als mit einem optimalen Technologiemix (das ist mehr als in ganz Deutschland innerhalb von fünf Jahren emittiert wird). Gäbe es keine Engpässe bei der Kobaltversorgung und dem Stromnetz, wäre theoretisch auch allein mit Elektrofahrzeugen eine Defossilierungsrate von 100 Prozent bis 2050 möglich – allerdings dann immer noch mit 28 Prozent mehr THG-Emissionen als nötig und mit 27 Prozent höheren Kosten im Vergleich zu einem optimalen Technologiemix.
  • Ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 würde zu höheren THG-Emissionen führen als nötig. Außerdem verstärkt es Abhängigkeiten von kritischen technischen Hochläufen der notwendigen Infrastruktur für alternative Antriebstechnologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Es schränkt zudem die Möglichkeit ein, die weitere Defossilisierung der Fahrzeugflotte durch den Einsatz kompatibler synthetischer Energieträger wie eBenzin und eDiesel in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zu beschleunigen.
  • Letztendlich gilt es, die „Treibhausgas-Systemeffizienz“ zu optimieren und nicht die „Energieeffizienz von Antriebsarten“. Die CO2-Flottenregulierung für Fahrzeuge sieht zum Beispiel ausschließlich eine Limitierung der Tank-to-Wheel-THG-Emissionen vor, ohne die
    Vorkette zu berücksichtigen. Dabei zählt nur, was aus dem Auspuff kommt, aber nicht das, was Kohlekraftwerke bei der Stromproduktion zum Fahren der Autos und zur Batteriezellenfertigung emittieren.

Wie die FVV-Kraftstoffstudien entstanden sind

„Die umfangreiche, detaillierte Datenbasis ist der eigentliche Schatz der Studie, der diese von allen anderen Studien abhebt“, sagt Studienleiter Dr. Ulrich Kramer. Die Menge und Qualität der erforderlichen Eingangsdaten, die eine solche Lebenszyklusanalyse erfordert, ist gewaltig. Daher greifen andere Studien üblicherweise auf bestehende Datenbanken zurück. Damit basieren sie immer auf den gleichen alten Datensätzen, die für einen Blick in die Zukunft völlig unzureichend sind.

Die mehr als 60 Spezialisten des FVV-Arbeitskreises haben in den vier Jahren, die die FVV- Kraftstoffstudien IV und IVb dauerten, in unzähligen Fachbesprechungen sämtliche Eingangsparameter auf den Prüfstand gestellt. Dabei wurden in zahlreichen Fällen die Annahmen aus anderen Studien als unrealistisch und veraltet entlarvt. In vielen Studien wird beispielsweise vernachlässigt, dass in einem völlig nachhaltigen Energiesystem, indem nur noch Wind und Sonne als Energiequellen genutzt werden, Energiespeicher benötigt werden, die während der sogenannten „Dunkelflauten“ Energie bereitstellen, in denen weder die Sonne scheint noch ausreichend Wind weht, um die Energieversorgung sicherzustellen.

Weiterhin wird oft nur mit Fahrzeugnormverbräuchen gerechnet und vergessen, dass im Winter der Fahrzeuginnenraum beheizt werden muss. Andere Studien fantasieren theoretische Steuersätze auf zukünftige Energieträger mit in die Studie hinein, anstatt die reinen Kosten zu betrachten, und simulieren so ein „emotionales Käuferverhalten“. „Mit solchen Taschenspielertricks kann man jedes beliebige Ergebnis erzeugen. Mit Wissenschaft hat das wenig zu tun“, betont Dr. Kramer.

Um diese Missstände auszuräumen, wurde im FVV-Arbeitskreis eine rein faktenbasierte techno-ökonomische Analyse durchgeführt und jede Zahl auf den Prüfstand gestellt. Da der Beraterkreis Teilnehmer aus dem kompletten politischen Spektrum beinhaltete (von Aramco bis ifeu), ist die Ausgewogenheit der Daten sichergestellt, auch wenn in einem rein quantitativen Vergleich von Studien die FVV-Studie häufig mit ihren Annahmen einer Vielzahl von anderen Studien gegenübersteht, die meist aus den gleichen Datenbanken abschreiben.

Zudem wurde bei der FVV-Studie darauf geachtet, dass möglichst keine Best-Case-Szenarien angenommen wurden, sondern realistische Durchschnittswerte. So wurde zum Beispiel nicht angenommen, dass der Individualverkehr in Europa drastisch abnehmen wird oder der Energieverbrauch auf unter 2.000 TWh/Jahr sinkt. Auch gehen die Autoren nicht von extremen Wirkungsgradverbesserungen aus, die vielen wissenschaftlichen Veröffentlichungen als Basis dienen.

„Gerade im Sinne der Energiesicherheit und wirtschaftlichen Sicherheit des Standortes Deutschland wäre es fatal, die energetische Zukunft Deutschlands auf der Basis von Best-Case-Szenarien zu planen“, sagt Dr. Kramer.

Quelle: https://www.fvv-net.de/science/wie-schnell-geht-nachhaltig

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