E-Fuels Now – Ingenieure kämpfen für synthetische Kraftstoffe

E-Fuels Info / Uder

E-Fuels sind ein spannendes Thema, das in Politik und Industrie für zahlreiche Diskussionen sorgt und auch in der Bevölkerung immer weitere Kreise zieht. Mittlerweile gibt es bereits Menschen, die sich privat und unbezahlt engagieren, um das Thema weiter in die Öffentlichkeit zu tragen. E-Fuels Now ist eine Gruppe von Ingenieuren und Fortschrittsbegeisterten, die sich für das Thema synthetische Kraftstoffe einsetzen, eine eigene Facebook-Gruppe gegründet haben und mit Petitionen und verschiedenen anderen Aktionen auf sich aufmerksam machen.

E-Fuels Now ist ein Zusammenschluss von Menschen, die sich privat für die Förderung von E-Fuels einsetzen. Wir sprechen mit Benedikt Zimmermann, Andreas Bauditz und Michael Just – allesamt Ingenieure, die in der Automobil- und Automobilzuliefererindustrie tätig sind. Keiner von ihnen hat beruflich direkt mit dem Thema E-Fuels zu tun, aber alle begeistern sich für das große Potenzial dieser neuartigen Kraftstoffe.

Benedikt Zimmermann gründet E-Fuels Now, nachdem die Bundesregierung 2019 ein Klimapaket beschließt, bei dem E-Fuels erneut keine Berücksichtigung finden. Daraufhin entschließt sich der Ingenieur, selbst aktiv zu werden und ruft eine Online-Petition und eine Facebook-Gruppe ins Leben. Schnell wird er von anderen Interessierten angesprochen und findet so weitere Mitstreiter. Benedikt Zimmermann ist klar, dass selbst Kollegen aus der Autoindustrie das Thema eher fremd ist und wie viel Aufklärungsarbeit insgesamt noch zu leisten ist. Zimmermann erklärt: „Wir waren schnell die mit Abstand erfolgreichste Petition in diesem Thema. Es kann gut sein, dass wir in Zukunft noch einmal eine Petition starten, das Thema wird ja immer populärer und wir haben mittlerweile auch auf Facebook einen großen Zuspruch.“

Andreas Bauditz ergänzt: „Wir sind alle bei unterschiedlichen Arbeitgebern beschäftigt und waren vorher nicht befreundet. Der Auslöser war tatsächlich die Petition von Benedikt Zimmermann. 10 000 Unterschriften sind im Vergleich zu anderen Petitionen zwar wenig – so wurden wir innerhalb weniger Tage etwa von einer Petition gegen die Corona-Schließung von Tattoo-Studios überholt – aber E-Fuels sind ein eher komplexes Thema, von dem viele Menschen noch gar nicht gemerkt haben, dass es sie als Autofahrer direkt betrifft.“

Deutsche E-Fuels-Technik für Chile

Zimmermann kommt auf das geplante E-Fuels-Pilotprojekt, das Porsche gerade zusammen mit Siemens Energy und einer Reihe von internationalen Unternehmen in Chile baut, zu sprechen:

„Das wäre die erste großserientechnische Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Dieses Projekt könnte ein echter Game-Changer für E-Fuels sein. Wir helfen der Welt nicht, wenn wir unseren Reichtum nur dazu nutzen, selbst klimaneutral zu werden. Wir müssen unsere technologischen und finanziellen Möglichkeiten dafür einsetzen, regenerative Technologien zu etablieren und gegenüber fossilen Energien wettbewerbsfähig zu machen.“

Sein Mitstreiter Michael Just fährt fort: „Das, was Porsche da macht, ist absolut neu und quasi ein technologischer Leuchtturm, an dem wir uns ausrichten. Es geht hier in erster Linie um die maximale Auslastung der Windkraftanlagen und die Speicherung der regenerativen Energie in Form von E-Fuels. Die Herstellung und Installation der Anlagen verbrauchen einen nicht unerheblichen Teil des CO2-Budgets. Daher sollten die Anlagen möglichst ertragseffizient eingesetzt werden, um einen maximalen Erntefaktor erzielen zu können. Die Windkraftanlagen, die wir in Deutschland hinstellen, haben natürlich genau den gleichen CO2-Fußabdruck wie die Anlagen in Chile, produzieren aber nur ein Drittel so viel Strom. Hier weht einfach viel weniger Wind. Es macht also klimatechnisch nur Sinn, Windräder bei uns für den direkten Strombedarf aufzustellen. Dazu kommt: Die chilenischen Anlagen von Porsche und Siemens Energy werden in Deutschland entwickelt und produziert, das sind natürlich wirtschaftlich gute Nachrichten für Deutschland. Im Gegenzug bekommen wir dann dafür regenerative Energie – eine bessere Win-Win-Situation kann es eigentlich nicht geben. Das Klima profitiert, Deutschland profitiert, Chile profitiert. Perfekt.“

Deutschland braucht Energie-Importe – und E-Fuels!

Michael Just weist auf einen weiteren wichtigen Faktor hin, nämlich, dass Deutschland schon jetzt absolut von Energieimporten abhängig ist. Heute ist es vielleicht das Öl, das wir einführen, schon bald könnten es eben aber regenerative Energien in Form von synthetischen Kraftstoffen sein. Sein Kollege Andreas Bauditz erklärt die Situation so: 2018 waren laut Bundeswirtschaftsministerium nur ungefähr 14 Prozent der verbrauchten Primärenergie in Deutschland regenerativ (vgl. BMWi). Ist diese Energie in Wasserstoff oder E-Fuels gespeichert, kann man sie gut transportieren, das geht über lange Strecken mit Strom aber eben nicht. E-Fuels brauchen dazu sogar nicht einmal hohe Drücke und extrem niedrige Temperaturen wie etwa bei Wasserstoff und die benötigte Infrastruktur, zum Beispiel Tankschiffe, besitzen wir bereits. Ein solcher Import erneuerbarer Energie ist der eigentliche Schlüssel, damit wir – nicht nur in Deutschland – überhaupt die Klimaziele erreichen können.“

Benedikt Zimmermann sieht dabei auch eine globale soziale Komponente: „E-Fuels würden den geballten Ölreichtum, der in einigen Ländern vorhanden ist, in einen global viel besser verteilen E-Fuels-Wohlstand umwandeln.“ Seiner Meinung nach könnten internationale E-Fuels-Kooperationen viele Beteiligte wirtschaftlich fördern und sogar eine Art Entwicklungshilfe darstellen. Er legt einen Fokus auf die weltweite Perspektive: „Klimawandel ist ein globales Problem, das nach internationaler Zusammenarbeit verlangt. Die Frage, die sich mir stellt, ist, warum agiert die deutsche Politik dabei so schleppend? Wenn die Unternehmen verpflichtend E-Fuels liefern müssten und der Trend weltweit so weitergeht, dann haben wir in nicht allzu langer Zeit Börsen für E-Fuels, an denen die klimaneutralen Treibstoffe frei gehandelt werden können. Dann nimmt die Sache sehr schnell richtig Fahrt auf.“

“Viele Menschen bringen alles durcheinander”

Leider sieht Andreas Bauditz in Deutschland einen echten Nachholbedarf, wenn es um das Wissen von regenerativer Energie und E-Fuels geht: „Was mir in vielen Diskussionen immer wieder auffällt, ist, dass die Menschen alles durcheinanderbringen. Wenn sich einige Leute jetzt also freuen, dass wir heute bereits einen Anteil von 45 Prozent erneuerbarem Strom haben, wissen die meisten gar nicht, dass das im Gesamtenergiebedarf Deutschlands gerade mal acht Prozent ausmacht. Diese acht Prozent und weitere sechs Prozent andere regenerative Energieträger machen zusammen aber lediglich 14 Prozent im Gesamtbudget aus. Das ist einfach zu wenig. Dieses Problem können wir eigentlich nur durch den Import von regenerativem Wasserstoff und eben E-Fuels lösen.“

Michael Just sieht eine politische Dimension: „Die Werte der politisch eher links stehenden Menschen in Deutschland werden eigentlich von der E-Fuels-Idee sehr gut repräsentiert. Mit der einseitigen Förderung, dem so genannten Umweltbonus, erreicht man aber das Gegenteil. Man verteilt das Geld der Allgemeinheit an Leute, die es sich leisten können, sich ein neues Auto zu kaufen. Diese Leute entstammen wahrscheinlich der Mittel- oder Oberschicht und erhalten nun 9 000 Euro von der Allgemeinheit. Ich habe in den VDI Nachrichten gelesen, dass alleine seit Mitte 2019, als die Förderung eingeführt wurde, rund 1,75 Milliarden Euro ausgezahlt wurden. Es handelt sich also nicht um einen Austausch von KFZ, sondern um eine Erweiterung der Bestandsflotte.“

Andreas Bauditz stimmt zu: „Ein Kollege von mir hat das mal konkret ausgerechnet. Da geht es nicht nur um die Kaufhilfe, sondern um Ausfälle an Energiesteuer – besser bekannt als Mineralölsteuer –, die Förderung privater Ladestationen und andere Faktoren. Bei einem Mittelklasse-E-Auto kam er auf etwa 22 000 Euro an staatlicher Subventionierung über zehn Jahre. Es kann doch eigentlich nicht sein, dass ein privates Luxusgut vom Steuerzahler subventioniert wird.

“Es ist bedenklich, alles auf eine Karte zu setzen”

Michael Just ist es sehr wichtig zu betonen, dass es ihm und seinen Mitstreitern bei E-Fuels Now um eine technologieoffene Förderung geht. Seiner Meinung nach ist es sehr bedenklich, dass in Deutschland nur auf eine Technologie gesetzt wird und das noch massiv. Just: „Man muss sich einmal klarmachen, wieviel Geld da wirklich ausgegeben wird – und das Ganze hat noch nicht mal einen Vorteil für das Klima. Denn gefördert wird lediglich ein Verbraucher, nämlich das E-Auto, das theoretisch mit nicht-fossiler Energie betrieben werden könnte. Am deutschen Strommix mit seinem hohen Kohleanteil ändert sich dadurch aber nichts. Würde man das Geld in den Aufbau einer Raffinerie für E-Fuels, zum Beispiel eben in Ländern wie Chile, investieren, dann hätte man genauso viel Geld ausgegeben, aber gleichzeitig Arbeitsplätze bei den Anlagenbauern gesichert, einen CO-2 Kreislauf erschaffen und noch erneuerbare Energie zur Verfügung.“

“Der deutsche Staat muss endlich handeln”

Sein Kollege Benedikt Zimmermann, glaubt, dass es höchste Zeit für staatliches Handeln ist und erklärt: „Eigentlich muss der deutsche Staat noch nicht einmal sehr viel Geld in die Hand nehmen. Eine klare Vorgabe, zum Beispiel dass ein bestimmter Anteil an E-Fuels produziert und genutzt werden muss, würde wahrscheinlich schon ausreichen. Es gibt soviel Geld im Markt, das nach vernünftigen Investitionsmöglichkeiten sucht, das sollte überhaupt kein Problem sein. Der Staat muss die Investitionssicherheit über garantierte Abnahmequoten sicherstellen. Ähnlich dem Einspeisevorrang bei regenerativem Strom“. Andreas Bauditz sieht das so: „Die Investoren warten im Prinzip nur darauf, dass es beim Thema E-Fuels endlich losgeht. Synthetische Kraftstoffe müssten einfach im Flottenverbrauch anerkannt werden, das wäre genau der richtige Impuls, den wir in der EU brauchen.“ Er findet es besonders wichtig, den Druck auf die Politik zu erhöhen und immer wieder konkret nachzufragen, warum in der Bundesrepublik nur eine Technologie gefördert wird.

Dass E-Fuels wirtschaftlich Sinn machen können, davon sind alle drei Ingenieure überzeugt. Benedikt Zimmermann: „Erneuerbare Energien an den richtigen Standorten im Ausland sind so günstig zu erzeugen, da kann eigentlich kein konventionelles oder Kernkraftwerk mehr mithalten. Das einzige Problem besteht darin, die Energie dann anschließend zu uns zu transportieren. Hier sind E-Fuels als Energiespeicher eine gute Lösung.“ Michael Just stimmt zu: „E-Fuels sind flüssige, auf Basis regenerativer Energien hergestellte, chemische Energiespeicher, die von Orten mit maximaler Ertragseffizienz zu uns importiert werden. An diesen Orten gibt es im Normalfall keine vorhandene Infrastruktur in Form von oberschenkeldicken und teuren Stromleitungen im Boden.“

“Wir wollen, dass die Klimaziele erreicht werden”

Andreas Bauditz fasst die Ziele von E-Fuels Now so zusammen: „Wir wollen, dass die Pariser Klimaziele erreicht werden. Wir schaffen das aber nicht, wenn wir die Bestandsflotte an Pkw, Lkw, Baumaschinen, Flugzeugen und Schiffen nicht an der Defossilisierung beteiligen. Momentan konzentriert sich die Politik unserer Meinung nach zu sehr auf das Neuwagengeschäft. Aber der Austausch aller Autos wird noch sehr lange dauern und ist einfach zu langsam. Das heißt im Klartext: Jeder, der sich E-Fuels verweigert, verhindert im Prinzip, dass sich der gesamte Verkehrs- und Heizungssektor an der Bekämpfung des Klimawandels beteiligen kann. Bedenkt man dann noch, dass der Bedarf an regenerativen Energien in der deutschen Industrie immer weiter wächst, wird schnell klar, dass wir um den Import von erneuerbarer Energie gar nicht herumkommen.

Als Ingenieur fordere ich von der Politik ganz klar, sich endlich einmal die Fakten anzuschauen und Politik so zu gestalten, dass wir möglichst schnell von fossilen Energieträgern wegkommen. Davon sind wir im Moment aber noch weit entfernt. Es ist sogar noch schlimmer, es gibt in der deutschen Politik Menschen, die zwar zähneknirschend sagen, einverstanden, bei Flugzeugen und Schiffen wollen wir E-Fuels, aber bei privaten Autos nicht. Das ist alleine schon deshalb Blödsinn, weil bei der Herstellung im Fischer-Tropsch-Verfahren E-Fuels für Autos sogenannte Koppelprodukte sind. Ich kann also gar nicht nur Kerosin für Flugzeuge herstellen, ich bekomme immer Anteile an Benzin und Diesel mit heraus. Warum sollte man diese CO2-neutralen Produkte nicht nutzen? Da fehlt wirklich grundsätzliches Wissen.“

Private Initiativen wie E-Fuels Now können bei der Verbreitung von wichtigen Fakten zum Klimawandel und E-Fuels einen wertvollen Beitrag leisten. Dadurch, dass sich die drei Ingenieure zusammen mit anderen Interessierten privat und unbezahlt für das Thema engagieren, haben sie eine hohe Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Je besser wir als Gesellschaft die vielen offenen Fragen zum Klimawandel und seiner Bekämpfung beantworten, desto besser werden am Ende die Entscheidungen sein, die wir in Deutschland treffen. Der Schutz des Klimas geht in der Tat nicht nur Unternehmer und Politiker an und sollte idealerweise technologieoffen und mit maximalem Sachverstand diskutiert werden.

Der Beitrag E-Fuels Now – Ingenieure kämpfen für synthetische Kraftstoffe erschien zuerst auf eFUEL-TODAY.

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