Minister Scheuer für Technologieoffenheit
Das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ist mittlerweile fest verankert. Der Verkehrsbereich muss im Vergleich zu anderen Sektoren bei der Absenkung der CO2-Emissionen noch aufholen. Bei einer hochkarätig aus Wirtschaft und Politik besetzten Online-Veranstaltung der IHK Hannover wurden die Zukunftschancen und der Beitrag von E-Fuels zur Erreichung der Klimaneutralität im Mobilitätssektor erörtert. IHK-Präsident Gerhard Oppermann eröffnete mit dem Appell an die Politik, die Vielfalt der Lösungsmöglichkeiten für eine umweltfreundlichere Mobilität technologieoffen zu diskutieren und gemeinsam mit der Wirtschaft anzugehen. “Wasserstoff und E-Autos dominieren derzeit die öffentliche Diskussion, wir wollen heute aber den Fokus einmal auf E-Fuels als weitere Alternative richten.“
Rund 300 Gäste nahmen am ersten IHK-Online-Dialog in der Reihe Energie & Umwelt teil und brachten sich mit ihren Fragen in die Diskussion ein.
Forderung nach Technologieoffenheit
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sprach sich im IHK-Online-Dialog für Technologieoffenheit im Verkehrssektor aus. Man dürfe nicht nur auf ein Instrument, die Elektromobilität setzen, sondern stattdessen mehrgleisig fahren. Der Bundesverkehrsminister bezeichnete dabei E-Fuels als „zentralen Baustein für die klimafreundliche Mobilität von morgen“. Hier gehe es jetzt darum, schnell „raus aus dem Reagenzglas, rein in die Massenproduktion“ zu kommen. Selbst bei etwa 10 Mio. Elektromobilen in Deutschland bis zum Jahre 2030 gebe es immer noch 30 bis 40 Mio. Fahrzeuge mit „Verbrennermotoren“, bei denen E-Fuels als Kraftstoff eingesetzt werden könnten.
Förderung durch das Bundesverkehrsministerium
Scheuer kündigte dafür mehrere Förderrichtlinien seines Ministeriums an, die u.a. den Einsatz von E-Fuels beschleunigen sollen – u.a. werde noch in diesem Frühjahr eine Förderrichtlinie zur Weiterentwicklung von erneuerbaren Kraftstofftechnologien in Kraft treten. In der zweiten Jahreshälfte 2021 werde man zudem eine weitere Förderrichtlinie zur Investition in Erzeugungsanlagen von erneuerbaren Kraftstoffen auflegen. Zusätzlich sei noch eine Förderrichtlinie zum Markthochlauf von strombasiertem Kerosin in Arbeit. Ziel sei, die bei der Produktion von E-Kerosin in den Raffinerien entstehenden Koppelprodukte als E-Fuels auch im Straßenverkehr einzusetzen.
Vorteile von E-Fuels
Der Hauptgeschäftsführer des UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V., Elmar Kühn, unterstrich in seinem Impulsvortrag die gesamtwirtschaftlichen Vorteile von E-Fuels. Diese müssten genutzt werden, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen möchte. „E-Fuels stellen einen unverzichtbaren und praxistauglichen Weg dar, um die CO2-Bilanz des bestehenden Kfz-Fuhrparks schnell deutlich zu verbessern sowie perspektivisch Verbrennungsmotoren sogar vollständig klimaneutral anzutreiben“, so Kühn. E-Fuels wären auch in den Jahren des Markthochlaufs für den Autofahrer bezahlbar, denn ihr Beimischungsanteil würde allmählich steigen, während auf der anderen Seite die Produktionskosten stetig sinken.
Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) hob in seinem Videostatement hervor, dass E-Fuels in verschiedenen Anwendungsbereichen, z.B. bei Schwerlastfahrzeugen, Bussen und im Schiffs- und Flugverkehr einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten könnten. Niedersachsen werde sich dafür einsetzen, dass sich der Einsatz von „quasi grünem Treibstoff“ auch positiv bei der Berechnung der Flottenemission auswirke.
In der abschließenden Podiumsdiskussion forderte Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU) eine Hightech-Agenda, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Synthetische Kraftstoffe spielten dabei eine wichtige Rolle, insbesondere in der Übergangszeit und auch als Alternative im Flugverkehr, so Althusmann.
Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, MdB Kirsten Lühmann sprach sich ebenfalls für E-Fuels aus. Ihre Partei setze sich für synthetische Kraftstoffe im Verkehrsbereich ein, um Mobilität zu erhalten und sauberer und umweltfreundlicher zu machen, so Lühmann. Dazu wolle die SPD auch Raffinerien und Raffinerietechnik fördern.
Der Geschäftsführer der Lühmann Gruppe, Dr. Lorenz Kiene, wies darauf hin, dass Batterietechnologie, Wasserstoff und E-Fuels langfristige Alternativen sein sollten. „Anreize wirken besser als Verbote, um diese in den Markt zu bringen“, betonte Dr. Kiene. „Deutschland hat die Chance, seine Technologien international einzubringen und sie weltweit zum Gamechanger bei der Bekämpfung des Klimawandels werden zu lassen.“
Dr. Peter Seifried, Vorsitzender der auf Brüsseler Ebene aktiven eFuel Alliance, merkte an: „Bisher werden synthetische Kraftstoffe wie fossile Kraftstoffe behandelt. Ziel muss es sein, dass CO2-freie Kraftstoffe besser behandelt werden. Das betrifft insbesondere die Flottenregulierung.“
Forderungen an die Politik
Für die in der nächsten Woche anstehenden Beratungen im Bundestag zur deutschen Umsetzung der EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie, abgekürzt RED II, durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der THG-Quote (THG-Gesetz) wurde von allen drei Wirtschaftsvertretern auf dem Podium eine klare Einbeziehung der E-Fuels in die Quotenregelung gefordert. Mit der Umsetzung der RED II würden jetzt die Weichen für viele Jahre gestellt; deshalb müssten Bundesregierung und Bundestag diesen klimaneutralen Kraftstoffen zukunftsfähige und verlässliche Rahmenbedingungen geben. Neben der rechtlichen Regelung im THG-Gesetz gehöre hierzu auch eine Anschubfinanzierung, z.B. im Rahmen der Wasserstoffstrategie.